Wer haftet bei schweren Verletzungen im Ferienlager? – Aktuelles Urteil des OLG Frankfurt
Ein Ferienlager soll Spaß, Abenteuer und unvergessliche Erinnerungen schaffen – nicht jedoch schwere Verletzungen. Doch was passiert, wenn bei einer Ferienfreizeit ein Unfall geschieht und ein Kind dauerhaft geschädigt wird? Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main liefert hierzu wichtige Antworten.
Der Fall: Verletzungsdrama beim Gruppenspiel im Wald
Im Rahmen einer von einer Gemeinde organisierten Ferienfreizeit fand ein Gruppenspiel im Wald statt. Die Aufgabe der Kinder war es, auf Kommando bestimmte Stationen anzulaufen. Dabei kam es zu einem folgenschweren Unfall:
Ein Kind wurde durch den Stock eines anderen Kindes so schwer am Auge verletzt, dass es langfristige Einschränkungen seiner Sehkraft davontrug.
Die Eltern des verletzten Kindes verlangten daraufhin Schadensersatz und Schmerzensgeld – nicht nur vom beteiligten Kind, sondern auch von der Gemeinde sowie den Betreuern der Freizeit.
Der Fall ging durch mehrere Instanzen und landete schließlich beim OLG Frankfurt am Main.
Das Urteil: Wer trägt die Verantwortung?
Das OLG kam zu einer klaren Entscheidung:
Keine Haftung des beteiligten Kindes
Dem zehnjährigen Mitspieler konnte keine schuldhafte Handlung nachgewiesen werden. Aufgrund der Dynamik des Spiels konnte er die Gefahr, die durch den Stock ausging, nicht rechtzeitig erkennen. Eine Haftung wurde daher ausgeschlossen.
Haftung liegt bei der Gemeinde
Die Gemeinde als Veranstalterin der Ferienfreizeit ist Vertragspartnerin der Eltern – und damit für die ordnungsgemäße Aufsicht verantwortlich.
Das Gericht stellte fest: Die Gemeinde haftet gemäß Artikel 34 Grundgesetz für Pflichtverletzungen im Rahmen der Aufsicht.
Die Betreuer hatten zwar die Kinder mündlich angewiesen, Stöcke im Wald nicht zu benutzen, jedoch reichte eine reine Belehrung nach Ansicht des Gerichts nicht aus. Es wäre erforderlich gewesen, aktiv zu kontrollieren, ob Kinder Stöcke bei sich führten.
Keine Regressansprüche gegen die Betreuer
Obwohl den Betreuern ein Aufsichtsfehler unterlief, stufte das Gericht diesen lediglich als leichte Fahrlässigkeit ein. Damit sind Regressansprüche der Gemeinde gegen die Betreuer ausgeschlossen.
Besonders interessant dabei: Die Betreuer waren nicht verbeamtet, sondern angestellt. Dennoch blieb die Haftung beim Träger – hier der Gemeinde.
Fazit
Auch wenn es sich bei den Aufsichtspersonen nicht um Beamte gehandelt hat, handelt es sich im eine Amtshaftung. Nach Art. 34 GG haftet hier die Gemeinde, ein Zugriff auf die Betreuer ist wegen leicher Fahrlässigkeit demnach nicht möglich. Hätte das Gericht jedoch grobe Fahrlässigkeit festgestellt, könnte die Gemeinde die Betreuer in Regress nehmen.
Wie wichtig eine passende Haftpflichtversicherung ist, zeigt dieses Urteil. Zum einen muss das geschädigte Kind eine Wiedergutmachung erfahren, aber auch die Betreuer müssen hier richtig geschützt sein.